Gelsenkirchen ist ein gutes Pflaster

Ein Turnierbericht von Marcel Quast:

Zwischen Weihnachten und Neujahr findet nun schon traditionell das Königsspringer-Silvester-Open des SC Buer Hassel um unser passives Mitglied Christoph Wolff statt. Die vierte Auflage wurde wie alle Turniere zuvor als fünfrundiges Schweizer System Turnier gespielt, wobei die erste Runde dem beschleunigten Schweizer System unterliegt. Nach den beiden letzten Jahren nahm ich nun schon zum dritten Mail teil und verpasste lediglich die erste Auflage – insgesamt gibt es acht Spieler, die in allen vier Jahren aktiv waren.

Meine Bilanz war bisher sehr erfreulich – zwei Teilnahmen, zweimal 4,5 Punkte, zweimal ein Geldpreis, erst Platz 3 und im letzten Jahr Platz 5. Nun wollte ich also diese Serie fortsetzen. Nachdem die Teilnehmerliste am Dienstagmorgen feststand, leider nur 62 Teilnehmer, war ich zum ersten Mal in den Top 5 gesetzt. Vom Ambiente und den allgemeinen Turnierbedingungen ist das Turnier sehr empfehlenswert, schöner wäre es jedoch noch gewesen, wenn ich nicht der einzige Gerthe-Werner gewesen wäre. Doch aufgrund vieler guter Bekannter aus dem Bezirk und darüber hinaus hatte ich auch abseits des Brettes eine Menge Spaß.

Nun zurück zum Turnier: In der ersten Runde wurde ich mit Schwarz gegen Guido Seppelfricke (DWZ 1763 / ELO 1884) von den SF Buer gelost. Nachdem ich mir schon leichte Vorteile erarbeitet hatte, opferte mein Gegner eine Figur, um meine Königsstellung zu schwächen. Allerdings konnte er keinen echten Angriff aufbauen und als ich dann einen startete, gab er berechtigterweise auf. Im Vergleich zum Vorjahr gelang mir also ein besserer Start, da ich damals nicht über ein Remis in der Auftaktrunde hinauskam. Bedingt durch den beschleunigten Modus der ersten Runde traf ich in der zweiten auf einen aufstrebenden Jugendlichen, der wohl besser spielt, als es seine Zahl andeutet. Mit den weißen Steinen gegen Luca Zamhöfer (1435 / 1289) von den SF Katernberg spielend, wählte ich ein Gambit, das er sich schon einmal angesehen hatte, sich aber nicht mehr in Gänze daran erinnern konnte. Nach einer Ungenauigkeit hätte ich bereits in Vorteil kommen können, doch brauchte ich eine zweite Ungenauigkeit meines Gegners, um die Partie in gewinnbringende Bahnen zu lenken. Zwar hatte ich eine Gewinnkombination nicht gesehen, konnte aber in ein besseres Endspiel abwickeln, in dem ich drei aktive Figuren gegen drei passive Figuren besaß. Nachdem ich den Bauern zurückgewann und meine Türme auf der siebten Reihe verdoppeln konnte, war die Partie entschieden.

Die dritte Runde bescherte mir erneut einen Jugendlichen des Essener Vereins, nämlich Jan Dette (1967 / 2004). Dieser spielte mit 1. f4 einen Zug, den er schon einmal spielte, der aber nicht seinen Hauptzug darstellt. Auf meine Reaktion entschied er sich für ein Gambit, das jedoch aus seiner Sicht nicht so optimal verlief. In der Folge bekam er den Bauern zurück, musste aber einen anderen geben und es entstand ein Endspiel mit Turm und Läufer gegen Turm und Springer mit einem Mehrbauern und der besseren Leichtfigur für mich. Für zwei Bauern gab er seinen Springer, um eventuell ein Endspiel mit Randbauer gegen den falschen Läufer zu erhalten, jedoch besaß ich auch den anderen Randbauern und konnte seinen König daran hindern, in dessen Nähe zu kommen. Damit hatte ich nun 3/3, was mir in diesem Turnier noch nicht vergönnt war, denn bei meiner ersten Teilnahme gab ich eben in dieser dritten Runde ein Remis ab. Neben mir gab es noch drei weitere Spieler, die verlustpunktfrei die vierte Runde erreichten, darunter die beiden Titelträger und Turnierfavoriten IM Karl-Heinz Podzielny und FM Janusz Koscielski.

Die Auslosung brachte für mich eine Schwarzpartie am ersten Brett gegen den Internationalen Meister vom SV Letmathe (2333 / 2401). Mein Gegner ließ seinen König in der Brettmitte und wollte meinem kurzrochierten mit dem Bauernvorstoß g4 an den Kragen. Im Laufe der Partie konnte ich mir aber ein gutes Zentrum erarbeiten und meine Figuren relativ aktiv postieren und bekam das Gefühl, heute könnte vielleicht auch ein Sieg gegen einen IM gelingen – dies war mir bislang noch nie vergönnt. Das Silvester-Open wäre dafür vielleicht sogar prädestiniert, da mir im Vorjahr ein Schwarzsieg gegen einen GM gelang. Allerdings setzte ich nach Ansicht der Engine nicht energisch genug fort und Weiß konnte die Stellung ausgleichen. Nach einigen Abtäuschen war ein remisliches Dame- und Turm-Endspiel auf dem Brett, in dem ich die Punkteteilung anbot, welche akzeptiert wurde. Mit diesem Resultat konnte ich sehr gut leben und ich war damit auch recht zufrieden. Die andere Spitzenpaarung endete ebenfalls unentschieden, sodass es nach vier Runden sechs Spieler mit 3,5 Punkten gab, da zwei Spieler zu den Führenden aufschließen konnten. Diese sechs spielten dann auch in der Schlussrunde gegeneinander.

Mit Sven-Holger Heimsoth (2053 / 2157) von SW Oberhausen bekam ich den vermeintlich leichtesten Gegner aus dieser Truppe und führte zudem die weißen Steine. In der Eröffnung unterbreitete mir mein Gegner ein Remisangebot, das ich jedoch unmöglich hätte annehmen können, da ich noch aus den Preisrängen hätte abrutschen können. Mein Gegner wählte einen Aufbau mit einem Isolani, gegen den ich im Partieverlauf Druck aufbauen konnte. Dies veranlasste den Oberhausener dazu, zwei Bauern zu geben, um meinem König mit Turm und Springer gefährlich zu werden. Ich sah keine bessere Verteidigung, als die Qualität zu geben, doch mein Gegner nahm diese nicht, weil er nicht gegen zwei Bauern plus starken Springer spielen wollte. Dabei übersah er jedoch einen Turmzug meinerseits und die Verwicklungen führten nach einem Fehler von ihm zu einem gewinnbringenden Vorteil und er gab die Partie auf. Damit kam ich erneut zu 4,5 Punkten und der dritte Platz war mir nicht mehr zu nehmen. Am Ende konnte ich mich sogar über den zweiten freuen.

Insgesamt war es wieder ein sehr schönes Turnier, nicht nur allein des Ergebnisses wegen, sondern auch der Rahmenbedingungen. Erfreulich aus Bochumer Sicht auch die Platzierungen der Schachfreunde Detlev Wolter (Bochum 02) und Michael Drzasga (SG Höntrop), die Dritter bzw. Vierter wurden. Gewonnen hat das Turnier übrigens aufgrund besserer Zweitwertung IM Karl-Heinz Podzielny. Für mich ist und bleibt das Silvester-Open in Gelsenkirchen ein gutes Pflaster. Da wird sich wohl kaum die Frage stellen, was ich nächstes Jahr zwischen Weihnachten und Neujahr machen werde.